Jahrgänge
1970-1979
Geschichte:
1970: In Deutschland stand an Abfang des neuen Jahrzehnts der Beginn einer neuen Entspannungspolitik zwischen der BRD und der DDR im Vordergrund. Der Bundeskanzler Willy Brandt traf sich mit dem DDR-Ministerpräsidenten Willy Stoph in Erfurt und zwei Monate danach erwiderte Stoph diesen Besuch durch seine Reise nach Kassel. Unabhängig davon diskutierten die vier Besatzungsmächte in Berlin über den besonderen Status der Stadt, der in einem Berlin-Abkommen festgelegt werden sollte.
Im Mai gelang es Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und anderen, Andreas Baader aus dem Gefängnis zu befreien. Diese spektakuläre Aktion wurde zur Geburtsstunde der radikalen Vereinigung „Rote Armee Fraktion“ (RAF). Die Anhänger der legendären „The Beatles“ hatten andere Sorgen. Als im Mai das letzte Album erschien, hatte sich die Gruppe bereits wenige Wochen vorher endgültig getrennt. Trennungsgerüchte hatte es zwar vier Jahre zuvor bereits gegeben und im Jahr 1970 wurden sie nun traurige Realität. Das Konsumverhalten der Menschen im Hinblick auf die zunehmende Umweltverschmutzung bedurfte und bedarf bis heute eingehender Überlegungen. Auf Grund der Initiative des US-Senators Gaylord Nelson wurde der 22. April in Amerika zum Earth Day auszurufen. Der Earth Day wurde später zu einer weltweiten Aktivität.
1971: In Großbritannien wurde am ersten Tag des Jahres ein Ritterschlag der besonderen Art vorgenommen. Der Kriminalschriftstellerin Agatha Christie wurde von Königin Elisabeth II. der Titel „Dame Commander of the British Empire“ verliehen.Nach dem im Jahr zuvor in Chile Salvador Allende durch den Sieg der Parteienvereinigung „Unidad Popular“ zum Regierungschef gewählt worden war, sollte nun die Etablierung einer Demokratie in die Tat umgesetzt werden. Allende ließ die Kupferminen durch eine Verfassungsänderung verstaatlichen, was einen Konflikt mit den USA nach sich zog, die ihre Anteile gefährdet sahen. In der DDR kam es zum zwangsweisen Rücktritt des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der SED Walter Ulbricht, mit dessen engstirniger Politik die Genossen nicht mehr einverstanden waren. Seinen Platz nahm Erich Honecker ein. In Ägypten begann das Jahr mit der Einweihung des Assuan-Staudammes am 15. Januar, der nach elfjähriger Bauzeit vollendet worden war und der den Nil zu einem riesigen See staut, der zwischen 135 und 169 Kubikkilometer Wasser fasst.
Im kanadischen Vancouver gründeten Friedensaktivisten eine Non-Profit-Organisation, die sich international mit dem Erhalt des Umweltschutzes befasst und deren gewaltfreie Aktionen bis heute immer wieder für spektakuläre Schlagzeilen sorgen: Greenpeace.
1972: Die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten begannen sich allmählich zu normalisieren. Es kam zu einem Transitabkommen und auch ein sogenannter Grundlagenvertrag wurde unterzeichnet. Die Neue Ostpolitik, die während der Ära des Bundeskanzlers Willy Brandt zustande kam, ließ allerdings die Hoffnung auf ein vereintes Deutschland in weite Ferne rücken und stieß deshalb nur auf bedingten Zuspruch im Westen. In der DDR wurde sie auf Regierungsebene als ein politischer Sieg gewertet.
Das sportliche Ereignis des Jahres, die XX. Olympischen Spiele, die in München stattfanden, wurden zu einem politischen Massaker. Elf Sportler der israelischen Mannschaft wurden von der palästinensischen Terror-Organisation „Schwarzer September“ als Geiseln genommen. Die Befreiungsaktion durch deutsche Behörden scheiterte. Alle Geiseln, fünf Terroristen und ein deutscher Polizist starben. Die Spiele wurden einen Tag vorzeitig beendet. Schlagzeilen machte weltweit auch die Washingtoner Watergate-Affäre, die durch den Einbruch in das Watergate-Gebäude ausgelöste wurde. Gravierende Missbräuche von Regierungsvollmachten wurden von einer Protestwelle und Demonstrationen verurteilt. Gleichermaßen musste sich die USA-Regierung unter Richard Nixon mit dem Aufbegehren der Bevölkerung gegen den Vietnam-Krieg auseinandersetzen. Vom USA-Fernsehen hatte Deutschland eine Serie eingekauft, die Kultstatus bekommen sollte: Am 27. Mai sahen die Deutschen die erste Folge der Science-Fiction-Serie „Star Trek – Raumschiff Enterprise“. Die erste Spielkonsole mit dem Namen Odyssey der Firma Magnavox kam auf den Markt.
1973: In Vietnam begann eine neue Zeit. Nach jahrzehntelangem Krieg wurde zu Beginn des Jahres zwischen den USA und Nordvietnam ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Die amerikanischen Militäreinheiten zogen sich aus dem Norden des geteilten Vietnam zurück und das Land konnte sich erstmals wieder friedlichen Aufgaben widmen.
Im südamerikanischen Chile kam es im Sommer zum Ausnahmezustand, der am 11. September in einem blutigen Militärputsch gipfelte, dem allein zu Beginn etwa 3.000 Chilenen zum Opfer fielen. Der Versuch Salvador Allendes, in Chile eine Demokratie zu etablieren, war fehlgeschlagen. Wirtschaftlich war das Land sehr labil aufgrund der amerikanischen und internationalen Boykotts. Das Militär unter General Augusto Pinochet übernahm die Macht im Land, das viele Chilenen wegen der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und der zunehmenden Folterungen verließen. Der chilenische Dichter und Nobelpreisträger starb am 23. September, sein Begräbnis, an dem Tausende Menschen teilnahmen, wurde zum ersten offenen Protest gegen die Militärjunta.
Das Jahr 1973 war außerdem gekennzeichnet von der ersten großen Ölkrise. Der Ölpreis wurde von der OPEC um 70 Prozent angehoben, die Auswirkungen waren weltweit massiv zu spüren.
Asien und Europa rückten näher zusammen: In Istanbul eröffnete der Staatspräsident der Türkei, Fahri Korutürk, die Brücke über den Bosporus. In Amerika wurde im selben Jahr das New Yorker „World Trade Center“ eröffnet.
1974: Das Ereignis des Jahres, das im sportlichen Bereich angesiedelt war und die Menschen in Begeisterung versetzte, war die Fußball-Weltmeisterschaft. Deutschland war das Gastgeberland und die deutsche Nationalmannschaft setzte dem Ereignis die Krone auf: Die Elf holte den Weltmeistertitel. Namen wie Franz Beckenbauer, Sepp Meier, Uli Hoeneß u. a. schrieben Fußballgeschichte. Die Freunde des Boxsports hatten ihr Augenmerk auf Kinshasa in Zaïre (Kongo) gerichtet. Dort fand der legendäre Kampf „Rumble in the Jungle“ zwischen George Foreman und Muhammad Ali um den Weltmeistertitel im Schwergewicht statt, den Ali durch ein K.o. gewann. Dieser Kampf wird noch heute als ein historisches Ereignis gesehen. Nach 25 Jahren hatte es die DDR geschafft, eine umfassende internationale Anerkennung zu erlangen. Beide deutsche Staaten hatten nun jeweils ihre eigenen Ständigen Vertretungen in Bonn, bzw. Berlin und die DDR hatte den Begriff der Wiedervereinigung aus ihrem öffentlichen und amtlichen Sprachgebrauch entfernt. In der BRD wurde Helmut Schmidt zum Nachfolger Willy Brandts gewählt, der aufgrund der Spionage-Affäre „Guillaume“ von seinem Amt als Bundeskanzler zurück getreten war. Sensationelles auf dem Gebiet der Archäologie berichtete die Presse aus China: Die Terrakotta-Armee wurde entdeckt. 7000 Tonfiguren in Lebensgröße, die ein Teil des Mausoleums des Kaisers Qin waren, bezeugen nun die vollständige Armee aus einer längst vergangenen Zeit. Der erste VW Golf kommt auf den Markt und Hewlett Packard gelang es mit dem HP 65 den ersten programmierbaren Taschenrechner herzustellen.
1975: Ein Geschenk zum neuen Jahr war in Deutschland für alle jungen Menschen, die in den Jahren 1954 bis 1956 geboren worden waren, das Gesetz über die Herabsetzung der Volljährigkeit. Von nun an war jeder mit 18 Jahren erwachsen, zumindest volljährig und damit auch wahlberechtigt.
Für die Religionsgemeinschaft Zeugen Jehovas brach zum vierten Mal das Jahr des Weltuntergangs an, eine Nachricht, die niemanden ernsthaft erschreckte. International war das Jahr als „Jahr der Frau“ deklariert worden und gemäß dieser Jahreswidmung fand in Mexiko-Stadt die erste UN-Weltfrauenkonferenz statt, die u. a. die Gleichberechtigung der Frauen thematisierte und als Ergebnis einen „Welt-Aktions-Plan“ vorlegte, der die Verbesserung der Standards Frauen, speziell in den Entwicklungsländern festlegte. Die Welt der Spanier veränderte sich gravierend: General Franco starb am 20. November. Damit ging eine 36-jährige Diktatur zu Ende, denn der zwei Tage danach als König von Spanien eingesetzte Juan Carlos setzte sich für die Demokratie im Land ein. In Vietnam wurde am 30. April Saigon im Süden des Landes von den kommunistischen Nordvietnamesen eingenommen. Südvietnam kapitulierte und der jahrzehntelange Krieg war endgültig zu Ende, nach dem bereits die letzten Amerikaner während der Evakuierungs-Operation „Frequent Wind“ das Land verlassen hatten.
1976: Asien beschäftigte die Weltpresse massiv. Da war am 2. Juli die offizielle Wiedervereinigung Vietnams zu melden. Das Land war zu einer sozialistischen Republik geworden und wurde durch ein Einparteiensystem regiert. Das einstige Saigon wurde in Ho-Chi-Minh-Stadt umbenannt.
China wurde von einer schweren Naturkatastrophe heimgesucht. Südlich der Hauptstadt Peking kam es zu einem Erdbeben der Stärke 7,8. Wahrscheinlich kamen 800.000 Menschen ums Leben. Das Erdbeben wird als die verheerendste Naturkatastrophe des 20. Jahrhunderts eingestuft. Im September des selben Jahres starb in China Mao Zedong, der diktatorische, kommunistische Staatschef. Er war durch die von ihm initiierte Kulturevolution nicht nur für die wirtschaftliche Schädigung des Landes, für die Zerstörung wertvollen Kulturerbes, sondern auch für den Tod von Millionen Chinesen verantwortlich. Mit seinem Tod war die Kulturrevolution offiziell zu Ende. Nach geschätzten Angaben gaben dem Toten etwa 1,5 Millionen Menschen das letzte Geleit.
In der BRD fanden die Wahlen zum Deutschen Bundestag statt, bei denen Helmut Schmidt als Sieger gegen Helmut Kohl und als Bundeskanzler hervorging. Weniger spannend waren die Volkskammerwahlen in der DDR. Erwartungsgemäß wurde Erich Honecker zum Staatsratsvorsitzenden gewählt. Der DDR-Liedermacher Wolf Biermann wurde im selben Jahr aus der DDR ausgebürgert, als ihm nach einem Konzert vor der IG Metall in Köln die Wiedereinreise verweigert wurde.
1977: Ein tragisches Flugzeugunglück ereignete sich im Frühjahr über Teneriffa. Eine wegen einer Bombendrohung auf Gran Canaria umgeleitete Boeing 747 der PanAm stieß bei dichtem Nebel auf eine Boeing 747 der KLM, die ohne Starterlaubnis im Luftraum war. 583 Menschen fanden bei dieser Katastrophe den Tod. Es war das bis dahin schwerste Flugzeugunglück in der Geschichte der Luftfahrt.
In New York hielt die Nacht des 13. Juli die Menschen in Atem, die von Blitzeinschlägen und einem weitreichenden Stromausfall betroffen waren. Der Umgang mit dieser gravierenden Störung und deren Schäden hatte im Frühjahr des darauffolgenden Jahres einen spektakulären Babyboom zur Folge.
Weniger glimpflich ging es nach der Haftentlassung Brigitte Mohnhaupts zu, die im Untergrund die Terrorvereinigung „Rote Armee Fraktion“ (RAF) neu zu organisieren begann. Bereits im März kam es zur Ermordung des Generalbundesanwaltes Siegfried Buback durch die RAF. Der deutsche Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde ebenfalls von einem RAF-Kommando entführt und umgebracht. In den USA punktete das Unternehmen Apple auf dem technischen Sektor. Der Apple II kam als erster Rechner auf den Markt, der vollständig mit einem Bildschirm und einer Tastatur ausgestattet war. Und die Welt war um einen großartigen Künstler ärmer geworden. Der King of Rock ’n Roll, Elvis Presley, starb am 26. Juni.
1978: Drei Päpste in einem Jahr: Als nach einer 15-jährigen Pontifikatszeit Papst Paul VI. im August starb, wurde der Patriarch von Venedig, Albino Kardinal Luciani sein Nachfolger. Er nannte sich Johannes Paul I., vermittelte einen sehr weltoffenen Eindruck und hatte keine Chance, sein Amt länger als 33 Tage auszuüben. Nach seinem Tod wurde ein Pole der neue sogenannte Stellvertreter Gottes auf Erden. Karol Wojtyla, Erzbischof von Krakau, wurde als Nachfolger gewählt. Er ging als Papst Johannes Paul II. in die Geschichte ein. Nicht als Papst, aber in einem Raumschiff kam der DDR-Kosmonaut Sigmund Jähn dem Himmel näher. Er war der erste Deutsche, der, gemeinsam mit dem sowjetischen Kosmonauten Waleri Bykowski, im Rahmen der Mission Interkosmos ins All flog. Nicht ganz so erfolgreich wie der Raumflug ging die Entführung einer polnischen Tupolew Tu-134 aus, die zwei DDR-Bürger während eines Fluges von Danzig nach Ost-Berlin zwangen, in Westberlin auf dem Flughafen Tempelhof zu landen. An Bord waren 62 Passagiere, von denen neun die Gelegenheit wahrnahmen, um sich in den Westen abzusetzen.
Schlagzeilen machte am 16. September ein Erdbeben im Iran. Mit einer Stärke von 7,8 wütete es und riss etwa 15.000 Menschen in den Tod.
1979: Die maoistisch-nationalistische Guerillabewegung „Rote Khmer“, die in Kambodscha eine Schreckensherrschaft ausübten, das Land gewaltsam in einen Agrar-Kommunismus führen wollten und deren Massenmorde an der Bevölkerung die Welt in Atem gehalten hatte, wurde zu Beginn des Jahres durch die Einnahme der Hauptstadt Phnom Penh durch vietnamesische Truppen beendet. Wenige Tage nach diesem Befreiungsschlag wurde die Volksrepublik Kambodscha ausgerufen.
Zwischen der Volksrepublik Ungarn und Österreich war mit Beginn des Jahres die Visa-Pflicht im Reiseverkehr aufgehoben worden. Wie weitreichend diese Entscheidung für den Ostblock und seine Bürger war, sollte sich bald herausstellen. Aber Ausreisewillige, die die DDR verlassen wollten, waren ohnehin ideenreich. Mit einem selbst gebauten Heißluftballon gelang es am 16. September zwei Familien, auf sensationelle Weise in den Westen zu flüchten.
In der Musikszene machte Elton John von sich reden, als er bereits im Mai zu Konzerten in die Sowjetunion reiste. Er war der erste Popstar des Westens, der in diesem Land konzertierte. Er trat in Leningrad und Moskau mit insgesamt acht Auftritten vor das Publikum.
Ein Highlight für die Raumfahrt und alle Interessieren war der Vorbeiflug am Jupiter, den die Raumsonde Voyager 2 nutzte, um Bildmaterial des Planeten und seinen Monden zur Erde zu liefern.
Quelle: http://www.was-war-wann.de