Jahrgänge
1910-1919
Geschichte:
1910: Die Bildungspolitik der 10er Jahre konzentrierte sich damals noch stark auf ein Zwei- Klassen- System. Nachdem das damalige Deutschland noch ein Kaiserreich war, welches Wilhelm II regierte, wurde diese Tendenz zusätzlich verstärkt. Einen weiteren großen Einfluss auf das „Deutsche Reich“ übte auch der erste Weltkrieg im Zeitraum zwischen 1916 bis 1918 aus. Aus diesem Grund war die Bildungspolitik in diesem Jahrzehnt großen und zum Teil auch negativen Schwankungen unterworfen. Die Arbeiterschicht wurde, was die Bildung betrifft, damals noch strikt von der Bourgeoisie getrennt und absolvierte oftmals nur die Pflichtschulzeit, um möglichst früh ins Berufsleben einzusteigen.
Die Trennung der Bevölkerungsschichten erfolgte jedoch nicht nur durch die Politik, sondern wurde zum Teil auch von der Gesellschaft selbst forciert. Die Arbeiter standen einer höheren Ausbildung ihrer Kinder auch kritisch gegenüber, da sie darin vor allem das Risiko einer Entfremdung derselben von der restlichen Familie sahen. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass die Leute stolz auf ihre Herkunft waren und es aus diesem Grund noch fast keine Vermischung der einzelnen Schichten gab. In diesem Jahrzehnt war Privatunterricht in der Oberschicht außerdem noch an der Tagesordnung, so dass die Kinder reicher Leute öffentliche Schulen eher selten besuchten. Die Angehörigen dieser Bevölkerungsschicht machten auch den Großteil der Studenten aus. In den 10er Jahren kam es allerdings, von bildungspolitischer Seite her, zu einer äußerst wichtigen Neuerung. Nachdem im vorigen Jahrzehnt nämlich in Baden erstmals Frauen als ordentliche Hörerinnen an einer Universität zugelassen worden sind, wurden die Hochschulen dem weiblichen Geschlecht auch in den anderen Ländern zugänglich gemacht. Dies stellte einen großen Fortschritt in der Geschichte der Frauenbewegung und somit in der Gleichstellung zwischen Mann und Frau dar. Im Jahr 1913 studierten bereits 3.900 Studentinnen an den Hochschulen Deutschlands. Auch in den Gymnasien waren fortan immer mehr Mädchen anzutreffen. Im Jahr 1916 leitete der erste Weltkrieg einen weiteren Umbruch ein. Hierbei litt vor allem die Bildung der Männer, die zu jener Zeit in den Krieg einberufen worden sind. Zahlreiche Familien waren damals von Existenzängsten betroffen, da Frauen und Kinder zum Teil auf sich alleine gestellt waren.Aus diesem Grund wurden nach dem Krieg, im Jahr 1918, auch die Gesetze geändert, so dass Frauen die gleichen Rechte wie Männer und somit das Wahlrecht erhielten.
Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass es, in der ersten Hälfte der 10er Jahre, sowohl zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten als auch zwischen Mann und Frau noch große Ungleichheiten gab. Dies änderte sich jedoch durch das Kriegsgeschehen ein wenig, so dass die ersten Schritte in Richtung Gleichstellung getan wurden.
1911: Der technische Fortschritt war auch in Sachen Kriegsgeschehen nicht aufzuhalten. Im Italienisch-Türkischen Krieg wurde beispielsweise erstmals militärische Luftaufklärung betrieben. Außerdem kam es zum Abwurf der ersten 2-Kilo-Bomben. Während ein Kriegsschiff, nämlich die „SMS Panther“, nach Nordafrika unterwegs war und dort die zweite Marokko-Krise auslöste, lief im nordirischen Belfast die „RMS Titanic“ vom Stapel, ein Luxus-Passagierschiff, das mit der kürzesten Lebensdauer und gleichsam mit der größten Berühmtheit in die Geschichte einging. Die Xinhai-Revolution beendete die kaiserliche Herrschaft in China und führte zur Gründung einer Republik. Der friedliche Wettlauf in der Antarktis endete für den norwegischen Polarforscher Roald Amundsen erfolgreich. Er erreichte als Erster den Südpol. In Hamburg machte die Eröffnung des Alten Elbtunnels sensationelle Schlagzeilen und im Münchner Deutschen Museum wurde der weltweit erste Fernsehapparat ausgestellt. Die erste Fluggesellschaft der Welt, DELAG, konnte seit ihrer Gründung 1909 erstmals in ihrem Zeppelin-Flugverkehr eine Bilanz ziehen, die keine unliebsamen Zwischenfälle aufwies. Ein triumphaler Erfolg war die Uraufführung von Richard Strauss’ Oper „Der Rosenkavalier“ in Dresden und auch für die deutschen Winzer war 1911 ein ausgezeichnetes Jahr. Man sprach von einem Jahrhundertwein. Konrad Duden, der Vater des Rechtschreibbuches erlebte die Weinlese nicht mehr. Er starb am 1. August 1911.
Oper „Der Rosenkavalier“ (Uraufführung)
Am 26. Januar 1911 feierte die Oper des deutschen Komponisten Richard Strauss, welche den Titel „Der Rosenkavalier“ trug, ihre Uraufführung im Königlichen Opernhaus, bzw. der Semperoper in Dresden. Der aus Österreich stammende Schriftsteller, Hugo von Hofmannsthal hatte zu Strauss‘ Komposition das Libretto verfasst. Die Oper wurde in drei Aufzügen aufgeführt und berichtete eine Geschichte aus dem Wien der 1740er Jahre.
1912: Weltweit brodelten politische Unruhen. Der Balkankrieg begann und die Gespräche des britischen Kriegsministers Richard Burdon Haldane mit dem deutschen Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg führten zu keinem Ergebnis. Deutschland erweiterte seine Kriegs-Flotte. Nach dem Thronwechsel in Dänemark, bei dem Christian X. zum Nachfolger des verstorbenen Frederik VIII. die Krone erhielt, schlossen die skandinavischen Länder Schweden, Dänemark und Norwegen ein Neutralitäts-Abkommen, durch das sie ihre Nicht-Einmischung in militärische Aktionen erklärten. New Mexico und Arizona wurden in den amerikanischen Staatenbund eingegliedert, die USA zählte damit 48 Bundesstaaten. Nachhaltig erschüttert wurde die Welt durch den Untergang der „Titanic“ am 15. April 1912. Mehr als 1500 Todesopfer waren zu beklagen. Die USA hatten zu Jahresbeginn in Den Haag eine „Internationale Opiumkonferenz“ einberufen. Der Drogenhandel sollte staatlich strenger kontrolliert werden, ein historisches Ereignis, das nichts von seiner damaligen Aktualität verloren hat. Eine Sensation im Bereich der Archäologie war der Fund der Büste der Nofretete. Ihre Fertigung liegt mehr als 3000 Jahre zurück. Heute ist sie im Neuen Museum in Berlin zu bewundern. Anerkennung ganz anderer Art wurde dem deutschen Schriftsteller Gerhart Hauptmann zuteil. Er erhielt für seine dramatischen Dichtungen den Literatur-Nobelpreis.
1913: Einhundert Jahre nach der Völkerschlacht bei Leipzig, die für Napoleon eine schwere Niederlage darstellte, wurde zu Ehren der Sieger in diesem Befreiungskampf das Völkerschlachtdenkmal in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Einen Sieg in der Wissenschaft konnten die beiden französischen Physiker Charles Fabry und Henri Buisson verzeichnen. Sie entdeckten die Ozon-Schicht. Hoch hinaus kamen auch die Forscher Stuck, Karstens, Harper und Tatum in Alaska. Sie erreichten gemeinsam als Erstbesteiger den Gipfel des höchsten nordamerikanisches Berges, des Mount McKinley. Ein kultureller Höhepunkt war die Vergabe des Literatur-Nobelpreises, der dem bengalischen Künstler Rabindranath Tagore verliehen wurde. Er war der erste asiatische Preisträger. Arthur Wynne publizierte in der Zeitung „New York World“ sein erstes Kreuzworträtsel, Kopenhagen bekam ein Städtewahrzeichen, die „Kleine Meerjungfrau“ und in Essen wurde die Handelsgruppe „Aldi“ gegründet – Ereignisse, die über die politische Ruhe vor dem Sturm nur wenig hinwegtäuschen konnten.
1919: Es herrschte Frieden, doch es war längst nicht überall friedlich. Die Siegermächte hatten sich in Paris zu Friedenskonferenzen zusammengefunden, um die Ordnung in Europa neu festzulegen. Dabei wurden u. a. die deutschen Kolonien aufgeteilt. Die Friedensverträge von Versailles und Saint-Germain-en-Laye dokumentierten die neuen Staaten. Das Demokratieverständnis war innerhalb der Ländern kein einheitliches und so dauerten die Machtkämpfe weiter an. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gehörten zu den Gründungsmitgliedern der KPD. Nur wenige Wochen danach wurden beide Kommunisten in Berlin von der Garde-Kavallerie-Schützen-Division ermordet. In München erlag der Bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner den tödlichen Schüssen, die der Student Anton Graf von Arco auf Valley auf ihn abgefeuert hatte. Und in Italien sorgte Benito Mussolini für die Gründung der faschistischen Bewegung „Fasci di combattimento“. Doch in dieser europaweiten Aufbruchstimmung, die von sich anfeindenden demokratischen Kräften getragen wurde, gab es auch stille, schöne Momente, die dem wieder gefundenen Frieden gerecht wurden: In Paris wurde die Basilika Sacré-Cœur de Montmartre eingeweiht, deren Bau 1875 begonnen hatte. In Weimar initiierte Walter Gropius das Bauhaus, das zur Grundlage moderner Architektur wurde.
Quelle: http://www.was-war-wann.de